Kohlenhydratemangel: Warum die Fettverbrennung nüchtern beim Joggen vor dem Frühstück so schwer ist
Prof. Dr. Ingo Froboese stellt die Frage, ob Nüchtern-Training vor dem Frühstück tatsächlich mehr Fett verbrennt, als Training nach dem Essen – dem Frühstück. Es ist eine weit verbreitete Theorie, oft anzutreffen in zahlreichen Artikeln und Diät-Büchern, dass wenn am Morgen, nach dem nächtlichen Fasten dem Körper keine neue Nahrung zur Verfügung steht, er verstärkt und vermehrt das Fett aus den Fettreserven verbrennen muss und man somit schneller schlank wird und leichter dauerhaft schlank bleibt.
Ingo Froboese, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln, vertritt eine andere Meinung zur Effektivität der Fettverbrennung von Laufen und Joggen nüchtern, am Morgen vor dem Frühstück. Er beantwortet die Frage, warum die Fettverbrennung beim Joggen vor dem Frühstück, wenn man nüchtern ist, nicht so richtig in Gang kommt. Und damit auch weshalb ein Kohlenhydratmangel so schlapp und energielos macht und man nicht richtig joggen kann, man schnell keine Kraft mehr zum laufen hat.
Er stellt zuerst die den Muskeln zur Verfügung stehenden Energiequellen vor:
- Kreatinphosphat – steht dem Muskel sofort und am leichtesten zur Verfügung – Kreatinphosphat-Vorräte sind schnell aufgebraucht.
- Kohlenhydrate – die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten kann mit Sauerstoff aerob und ohne Sauerstoff anaerob unter Laktatbildung erfolgen – die Bereitstellung von Energie aus Kohlenhydraten ist langsamer und es dauert länger, bis sie zur Verfügung steht.
- Fette – die Energiegewinnung aus Fetten ist für den Körper am kompliziertesten und dauert am längsten – die Vorräte sind sehr groß und beinhalten im Schnitt 100.000 Kilokalorien, was laut Ingo Froboese für fast 400 Stunden Wanderung ausreicht.
Die Probleme der Fettverbrennung
Die für die Muskeln problematische Energiegewinnung aus Fetten kann trainiert und somit verbessert werden. Ingo Froboese vergleicht Läufer mit schlechter Ausdauer, die zu 70 Prozent Kohlenhydrate und 30 Prozent Fett verbrennen, mit Spitzensportlern, die zu 20 Prozent Kohlenhydrate und 80 Prozent Fett verbrennen.
Die verbesserte Fettverbrennung durch Lauftraining und Joggen möchten viele erreichen, um schneller und dauerhaft Abnehmen zu können. Es gibt aber noch einen weiteren Vorteil, der sich aufdrängt: Wenn man im trainierten Zustand einen solch hohen Anteil der Fettverbrennung am gesamten Energiebedarf hat und gleichzeitig die Fettreserven auch bei schlanken Menschen sehr groß sind, kann man leichter und weiter laufen und trainieren ohne kraftlos zu werden.
Fette verbrennen im Feuer der Kohlenhydrate
Ingo Froboese widerlegt die Theorie, dass die leeren Zuckervorräte nach dem nächtlichen Fasten dazu führen, dass am Morgen beim Nüchtern-Laufen bzw. Nüchtern-Joggen mehr Fett verbrannt wird, als nach dem Frühstück.
Er betont, dass der Fettstoffwechsel nur so lange aktiv ist, bis die Zuckerspeicher und damit Kohlenhydratvorräte im Körper erschöpft sind, da Fette nur im Feuer der Kohlenhydrate verbrennen.
Steht beim Lauftraining, dem Joggen, den Muskeln kein Zucker, keine Kohlenhydrate mehr zur Verfügung, können auch keine Fette mehr verbrannt werden und die körperliche Leistung bricht ein. Dieser Leistungseinbruch tritt bei untrainierten wesentlich früher ein, als bei gut trainierten Läufern – so Ingo Froboese.
Wenn man morgens zeitig Laufen oder Joggen will, soll man einige schnell verdauliche und damit schnell verwertbare Kohlenhydrate essen, z. B. eine Banane. Da er empfiehlt, nach einem richtigen Frühstück zwei bis drei Stunden mit dem Laufen zu warten, halte ich auch ein kleines, dünn mit Marmelade bestrichenes Toastbrot für sinnvoll – ohne Butter oder Margarine.
Der Zeitpunkt des Trainings ist nicht so wichtig wie die Regelmäßigkeit
Ingo Froboese weist darauf hin, dass ein regelmäßiges Lauftraining wichtiger ist, als der Zeitpunkt des Lauftrainings. Um die Fettverbrennung zu trainieren, und damit den Anteil der Fettverbrennung am Energieverbrauch beim Laufen und Joggen zu erhöhen, sollte man regelmäßig in einem “moderatem Tempo” trainieren.
Der Trainingseffekt, auf die Ausdauer und Leistung, aber vor allem auch das Training der Fettverbrennung und damit auch das leichtere Abnehmen werden immer trainiert. Es spielt keine Rolle, ob man morgens fast nüchtern läuft, oder mittags, nachmittags oder abends. Der Trainingseffekt durch die Anpassungsprozesse im Körper, die durch die körperliche Belastung angeregt werden, findet immer statt, egal zu welcher Zeit man trainiert. Man braucht sich also nicht zu fragen: Wann ist der beste Zeitpunkt zum joggen, um möglichst schnell abzunehmen?
Die bessere Frage ist: Wann habe ich regelmäßig und zuverlässig Zeit, um immer wieder laufen zu gehen und regelmäßig zu joggen? Denn diese Regelmäßigkeit ist es, die den Körper dazu bringt, die Fettverbrennung immer stärker zu verbessern und zu beschleunigen.
Die Kohlenhydratespeicher nach dem Lauftraining und Joggen wieder auffüllen
Wenn ohne Kohlenhydrate keine Fette verbrannt werden können und man dadurch schlapp und müde wird, erscheint es sinnvoll, nach dem Lauftraining bzw. Joggen die Kohlenhydratespeicher wieder aufzufüllen.
Läuft oder joggt man so lange, bis man sich schlapp fühlt, bzw. hat man gerade so viele Kohlenhydrate gegessen, wie sie gerade ungefähr für das übliche Lauftraining ausreichend sind, stehen nach dem Training nicht mehr genug Kohlenhydrate für den Körper und das Gehirn zur Verfügung.
Um nach dem Training nicht schlapp und müde zu werden, kann man die Kohlenhydratespeicher wieder mit einer Banane, Apfelschorle oder einer Brezel (das Salz ersetzt die Verluste durch das Schwitzen) auffüllen und beugt damit auch Heißhunger und Fressattacken vor.
Wenn man nach einem (anstrengenden) Training hungrig wird und dann gerade nichts essen möchte, um den Körper zu zwingen Fett zu verbrennen und möglichst schnell schlank zu werden, erreicht man demnach erstmal, dass man sich nicht mehr gut konzentrieren kann – auch dem Gehirn fehlen die Kohlenhydrate – und man sich müde, schlapp, unkonzentriert und zu keiner Leistung fähig fühlt.
Der Körper und das Gehirn werden sich mit seinen Regelungsmechanismen durch Hormone und die Steuerung im Hypothalamus, Limbischen System und Großhirnrinde “wehren” und starken Heißhunger erzeugen, der letztendlich in einer Fressattacke, einem Fressanfall enden kann.
Und da man dann wieder seine Ziele nicht erreicht hat, seinen Körper nicht bezwungen hat und die Diät versaut ist, wird man sehr viel in sich hineinstopfen und tagelang viel Essen, bis dann der nächste Diätversuch bestimmt klappt.
Wer abnehmen will, muss essen.
Eine Begründung für diesen wichtigen Diät-Tipp gibt indirekt Professor Ingo Froboese mit seiner Erklärung, dass für die Fettverbrennung Kohlenhydrate benötigt werden.
Weiterlesen:
Literatur:
Stern Gesund Leben: “Verbrennt Laufen vor dem Frühstück mehr Fett? – Training am Morgen macht dünn, heißt es. Doch die Frühsportler haben die Rechnung ohne den Zucker gemacht.” von Ingo Froboese, Heft 2/2007, Seite 106.
Diplom-Betriebswirt (FH) André Fiebig