Möglichkeiten Kredite ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu kündigen
Wann kann man Kredite, z. B. für eine Baufinanzierung oder Hauskauf kündigen, ohne der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen? Die Zinsen für neue Kredite sind stark gesunken, und die monatliche Kreditrate für das Haus oder die Wohnung wird viel niedriger, oder man kann die Tilgung erhöhen und hat den Kredit so schneller abbezahlt. Wann kommt man aus dem alten, teuren Kredit raus?
Kreditkündigung nach zehn Jahren ohne Vorfälligkeitsentschädigung
Nach zehn Jahren können alle Kredite, auch eine Baufinanzierung mit einer längeren Laufzeit z. B. von 15, 20 oder 25 Jahren ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate.
Wie wird die Laufzeit des Kredits berechnet? Ab wann gelten die zehn Jahre, ab der ersten Auszahlung durch die Bank? Nein, die Kreditlaufzeit von zehn Jahren, ab der kostenlos gekündigt werden kann, beginnt erst ab der vollständigen Auszahlung des Kredits oder Darlehens zu laufen.
Man kann also alle langlaufenden Kredite mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zu dem Tag kündigen, der zehn Jahre nach dem Tag der vollständigen Kreditauszahlung liegt.
Kündigung von Bauspardarlehen ohne Vorfälligkeitsentschädigung
Bauspardarlehen können jederzeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung bei der Bausparkasse gekündigt werden. Warum ist das nicht wie bei normalen Bankkrediten erst nach zehn Jahren möglich?
Weil sich Bausparkassen normalerweise nicht am Kapitalmarkt die Kredite gegenfinanzieren, die sie für die Immobilienfinanzierung ausgeben, sondern das Geld nehmen, was die Bausparer in der Ansparphase für relativ geringe Zinsen anlegen. Sie bedienen sich aus ihrem eigenen Finanzierungspool und können somit den Kunden mit Bauspardarlehen erlauben vorzeitig den Kredit zu kündigen.
Vorfinanzierung der Bausparsumme nicht vorzeitig kündbar
Dies Kündigungsmöglichkeit gilt aber nicht für Kredite bei Bausparkassen, die nicht vollständig angespart wurden. Es gibt die Möglichkeit früher und schneller an ein Bauspardarlehen zu kommen, wenn man den Bausparvertrag nicht vollständig anspart, sondern mit einem Kredit der Bausparkasse vorfinanziert. Diese Vorfinanzierung ist, wenn sie so lange läuft, erst nach zehn Jahren kostenlos kündbar.
Kompliziert: Kredit wegen falscher Widerrufsbelehrung kündigen
Banken haben ihre Kunden bei der Kreditvergabe jahrelang falsch über die Möglichkeit des Widerrufs des Kreditvertrags informiert. Bei einer Kreditvergabe hat der Kunde die Möglichkeit diesen gegenüber seiner Bank, Sparkasse, Volksbank, Bausparkasse etc. innerhalb von 14 Tagen nach der Unterschrift zu widerrufen.
Eine falsche, unvollständige Belehrung über das Widerrufsrecht gibt den Kunden, ähnlich wie bei Bestellungen im Internet beim Fernabsatzgesetz, die Möglichkeit den Vertrag unbegrenzt, ohne Einhaltung einer Widerrufsfrist auch noch nach vielen Jahren zu widerrufen.
Es gibt aber zu dieser außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit viele Rechtsstreitigkeiten und es besteht die Gefahr, dass man auf seinen Anwaltskosten sitzen bleibt. Zu versuchen einen Kredit wegen einer falschen Widerrufsbelehrung zu kündigen, lohnt sich auf Grund des finanziellen Risikos nur, wenn dieser im Gegensatz zu den aktuellen Zinsen einen wesentlich höheren Zinssatz hat und die Ersparnis durch die Kreditkündigung entsprechend hoch ist.
Geringe Vorfälligkeitsentschädigung ohne Grundbucheintrag
Ist ein Kredit nicht im Grundbuch eingetragen, kann man diesen schnell kündigen und muss nur eine geringe Vorfälligkeitsentschädigung von maximal einem Prozent der Restschuld bezahlen. Normalerweise ist die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Kreditkündigung so hoch, wie die Zinsersparnis durch diese Kündigung. Das bedeutet zum Beispiel 2,5 Prozent pro Jahr der Restlaufzeit.
Wenn man nur ein Prozent der Restschuld als Vorfälligkeitsentschädigung für ein Baudarlehen, das noch fünf Jahre läuft bezahlt, ist das eine große Ersparnis und lohnt sich schon bei geringen Zinsunterschieden von zum Beispiel nur einem halben Prozent pro Jahr.
Das Problem bei dieser Kündigungsmöglichkeit ist natürlich, dass es selten ein Baudarlehen oder Immobilienfinanzierung gibt, bei der sich der Kreditgeber nicht über die Eintragung einer Grundschuld bzw. Hypothek im Grundbuch absichert. Kredite ohne Eintragung einer Grundschuld sind also in anderen Bereichen, den Konsumentenkrediten, üblich.
Kündigungsfristen bei Darlehen ohne Grundschuld
Die Kündigungsfristen für Darlehen und Kredite ohne Grundschuld betragen bei einem Abschluss bis 10. Juni 2010 drei Monate. Die Einschränkung, dass der Kredit schon ein halbes Jahr komplett ausgezahlt sein muss, ist unerheblich, da 2010 schon einige Jahre zurück liegt.
Kredite, die ab dem 11. Juni 2010 abgeschlossen wurden, können jederzeit vorzeitig getilgt und gekündigt werden. Die Bank, Sparkasse, Volksbank und so weiter darf, muss aber keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen.
Kredite mit variablen Zinssatz sind jederzeit kündbar
Baukredite haben normalerweise einen festen Zinssatz, der für die Kreditlaufzeit von z. B. 10, 15 oder 20 Jahren garantiert ist. Es gibt aber auch die Möglichkeit für die Hausfinanzierung und Immobilienfinanzierung einen Kredit mit variablen Zinsen aufzunehmen.
Der Vorteil ist, dass die Zinsen geringer sind bei variabler, monatlicher oder vierteljährlicher Berechnung anhand der aktuellen Leitzinsen der EZB oder des Interbankenzinssatzes. Kredite und Darlehen, die den Zins nicht auf eine gewisse Kreditlaufzeit garantieren, kosten die Bank als Kreditgeber weniger Finanzierungskosten, wodurch er den Kredit billiger an den Bauherren weiterverkaufen kann.
Da der sich der Preis in Form des Zinssatzes aber jederzeit, auch dramatisch erhöhen kann, ist ein variabler Kredit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündbar. Diese außerordentliche, vorzeitige Möglichkeit der Kreditkündigung reduziert aber nicht die Probleme und die Risiken von variabel verzinsen Krediten zur Baufinanzierung oder Hauskauf.
Man hat keine Sicherheit über die zukünftige Höhe der monatlichen Kreditraten für das Haus oder die Wohnung. Und den variablen Kredit bei einer Zinserhöhung durch die EZB vorzeitig zu kündigen löst das Problem mit der gestiegenen Kreditrate auch nicht, da zu diesem Zeitpunkt ein neuer, fest verzinster Haukredit mit einer Laufzeit von z. B. 15 Jahren auch dramatisch teurer geworden ist und dessen Zinssatz durch die Zinsbindung noch höher ist, als die aktuellen variablen Zinsen.
Als Fazit ist die Möglichkeit einen variabel verzinsten Kredit jederzeit zu kündigen kein echter Vorteil, da man kein Problem mit sinkenden Zinsen hat, wie bei einem teuren Kredit mit fester Zinsbindung und man bei steigenden Zinsen keine dann mehr billigere Alternative findet. Wenn man also einen variabel verzinsten Kredit kündigen muss, weil man die monatlichen Kreditraten nicht mehr bezahlen kann, muss man das Haus wohl verkaufen oder es wird zwangsversteigert.
Förderdarlehen mit kostenloser vorzeitiger Rückzahlung
Staatlich geförderte Kredite und Darlehen können häufig kostenlos gekündigt werden. Diese kostenlose Kündigungsmöglichkeit besteht zum Beispiel oft bei KFW-Krediten, mit Ausnahme der geförderten Kredite aus dem Wohneigentumsprogramm.
Tilgung erhöhen bei niedrigeren Zinsen
Die Zinsersparnis nach der Kündigung des alten, teuren Kredits sollte man für eine höhere Tilgung nutzen. Also die monatliche Kreditrate nicht senken, sondern die Prozentpunkte der Zinsersparnis als Prozentpunkte der Erhöhung der Tilgung verwenden.
Dadurch zahlt man sein Baudarlehen und Hauskredit schneller zurück und spart noch mehr Zinsen, da man früher mit der Abzahlung des Kredits fertig wird, und somit einige Jahre weniger Zinsen bezahlt. Und man hat dadurch ein geringeres Risiko, dass man später durch einen Zinsanstieg bei der nächsten Anschlussfinanzierung noch höhere Kreditraten bezahlen muss.
Diplom-Betriebswirt (FH) André Fiebig